Die International Civic and Citizenship Education Study (Internationale Studie zur politischen Bildung und Demokratieerziehung; ICCS 2022) ist eine international vergleichende Studie, die den Beitrag von Bildungssystemen zur Sicherung der mentalen Voraussetzungen von Demokratie in den Blick nimmt.

Über die Studie

Hintergrund

Demokratien erfordern für ihren Fortbestand demokratische Einstellungen und Verhaltensweisen bei ihren Bürger:innen. Diese Voraussetzungen drohen sich mehr und mehr aufzulösen (Foa & Mounk 2016). Welches Wissen, welche Überzeugungen, welches Zugehörigkeitsgefühl und welche Handlungsdispositionen Heranwachsende in Bezug auf Demokratie entwickeln, ist daher von hoher Relevanz für die Zukunft von Demokratien. Das Zusammenwirken von Wissen, Überzeugungen, Zugehörigkeit und Handlungsdispositionen wird in ICCS als »politisches Mindset« bezeichnet. Für den Bildungssektor folgen daraus zwei Fragen, erstens inwieweit Unterricht, Schule und weitere Kontexte im Jugendalter dazu beitragen, ein demokratisches Mindset auszubilden, und zweitens, wie Schule und Unterricht gestaltet werden können, damit demokratische Mindsets gefördert werden.

Methode, Design und Stichprobe

Im Jahr 2016 hat Nordrhein-Westfalen als eines von 24 Bildungssystemen in Europa, Asien und Lateinamerika an ICCS 2016 teilgenommen. Im Jahr 2022 nehmen in Deutschland neben Nordrhein-Westfalen (NRW) und Schleswig-Holstein (SH) als zwei von 26 Bildungssystemen teil. Dabei überwiegen Bildungssysteme aus Europa, die mehr als die Hälfte ausmachen, aber auch Lateinamerika und Ostasien sind vertreten.

In jedem Teilnahmeland werden Daten zum Schulsystem gesammelt sowie repräsentative Stichproben aus den folgenden Gruppen gezogen:

  • Schüler:innen der achten Jahrgangsstufe;
  • Lehrpersonen an den teilnehmenden Schulen;
  • Schulleitungen der teilnehmenden Schulen;

Die Verfahren zur Konstruktion der Erhebungsinstrumente, ihrer Adaption in den Teilnehmerländern, sowie die verwendeten Methoden der Stichprobenziehung, Datenerhebung Skalierung und Gewichtung werden im Zusammenhang der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) beständig weiterentwickelt und international überwacht. Eine Einführung in die Methodik von ICCS enthält der nationale Berichtsband. Weitere Informationen zum vorangegangenen ICCS-Zyklus können dem Technical Report zu ICCS 2016 und dem internationalen Bericht zu ICCS 2016 entnommen werden.

Bestehende und neue Schwerpunkte

Für jede Studie, die wiederholt durchgeführt wird und die Veränderungen beobachten will, ist es essentiell, dass ein großer Teil der Befragungsinstrumente identisch bleibt. In diesem Sinne beschäftigen sich Teile der Fragebögen mit dem politischen Wissen, Toleranz, institutionellem Vertrauen, nationaler und europäischer Identität, sowie Partizipationsbereitschaft. Erneut wird für die europäischen Bildungssysteme ein zusätzlicher Fragebogen eingesetzt werden, der speziell die Sicht der Schüler:innen auf Europa erfasst.

Zugleich besteht ein berechtigtes Interesse, neue Themen und Herausforderungen zu erfassen. In diesem Sinne wird ICCS 2022 die Themen der ökologischen Nachhaltigkeit, der Digitalisierung von Lebenswelten und der Heterogenität in Gesellschaften ein größeres Gewicht beimessen.

Leitung und Durchführung der Studie

ICCS ist eine Studie der IEA, deren Standards für die Konzeption, Durchführung und Auswertung insgesamt leitend sind. Die IEA hat den Australian Council for Educational Research (ACER) in Verbindung mit dem Laboratorio di Pedagogia Sperimentale (ROMA TRE) als internationales Studienzentrum für ICCS eingesetzt. Dort laufen die Arbeiten zur Entwicklung von Befragungsinstrumenten und konkreten Verfahren zusammen.

Auf der nationalen Ebene wurde die Universität Duisburg-Essen als Studienzentrum benannt. Das nationale Studienzentrum koordiniert die Kommunikation gegenüber dem internationalen Zentrum, gegenüber der EU und dem BMBF. Die Datenerhebung und Datensatzerstellung werden durch die IEA-Hamburg durchgeführt.

Um der interdisziplinären Themenstellung von ICCS gerecht zu werden, hat sich auf der nationalen Ebene weiterhin ein Konsortium gebildet. Das Konsortium vereinigt insbesondere die schulpädagogische, politikdidaktische und psychometrische Expertise; es besteht aus:

  • Prof. Dr. Hermann Josef Abs (Sprecher des Konsortiums, Schulpädagogik, Universität Duisburg-Essen)
  • Jun.-Prof. Dr. Katrin Hahn-Laudenberg (Demokratiepädagogik, Universität Leipzig)
  • Prof. Dr. Goldhammer (Technology based Assessment, DIPF – Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Frankfurt a. M.)

An der operativen Umsetzung des Projekts in Deutschland arbeitet ein Projektteam, welches am nationalen Studienzentrum der Universität Duisburg-Essen (UDE) sowie an der Universität Leipzig (UL) angesiedelt ist:

  • Prof. Dr. Hermann Josef Abs (UDE, Leitung des ICCS-Studienzentrums, National Research Coordinator für NRW und stellvertretend NRC für SH)
  • Jun.-Prof. Dr. Katrin Hahn-Laudenberg (UL, National Research Coordinator für SH und stellvertretend NRC für NRW)
  • Dipl. Reha. Päd. Daniel Deimel, M.A. (UDE, National Data Manager für NRW und stellvertretend NDM für SH)
  • Dr. Johanna Ziemes (UDE, National Data Manager für SH und stellvertretend NDM für NRW)
  • M.A. Rukiye Ates (UDE, Junior Researcher)
  • M.A. Igor Birindiba Batista (UL, Junior Researcher)
  • M.A. Beatriz Matafora (UDE, Junior Researcher)
  • M.A. Nina Welsandt (UDE, Junior Researcher)

Meilensteine

Jahr Meilenstein
2019 Entwicklung des konzeptionellen Rahmens und der Instrumente  
2020

Pilotierung und Beginn des Feldtests zur Studie

2021

Auswertung Feldtest, Vorbereitung Hauptstudie

2022

Erhebungsphase zur Hauptstudie, Erstellung des Datensatz

2023

Analyse und Veröffentlichung der Ergebnisse

2024

Rückmeldung an Schulen und Bereitstellung des Forschungsdatensatz

Förderung

Die Studie wird in Deutschland gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und international auch von der Europäischen Union (EU) finanziell unterstützt.

Literatur zum Projekt

  • Abs, H. J., Hahn-Laudenberg, K., Deimel, D. & Ziemes, J. (i. E.). Zum Stand der Vorbereitung auf die Demokratie. Die International Civic and Citizenship Education Study 2016. In: UNIKATE 55 – Heft Bildungsforschung 2020.
  • Deimel, D., Hoskins, B. & Abs, H. J. (2020). How Do Schools Affect Inequalities in Political Participation: Compensation of Social Disadvantage or Provision of Differential Access? Educational Psychology40(2), 146–166. https://doi.org/10.1080/01443410.2019.1645305.
  • European Commission (2019). European Education and Training Expert Panel – Summary of findings and of the discussions at the 2019 Forum on the Future of Learning. Luxembourg: Publication Office of the European Union.  DOI:10.2766/290810.
  • Foa, Roberto Stefan & Mounk, Yasha. The danger of deconsolidation: the democratic disconnect. Journal of democracy (3) (2016), 5-17. http://doi.org/10.1353/jod.2016.0049.
  • Hahn-Laudenberg, K. & Abs, H. J. (2019). Religion in Research on Citizenship Education. In: D. Käbisch (ed.), Religion and Educational Research. National Traditions and Transnational Perspectives. Münster: Waxmann. 135-150. ISBN: 978-3-8309-3980-1.
  • Hahn-Laudenberg, K.; Jasper, J. & Abs, H. J. (2017). Sense of Citizenship in der International Civic and Citizenship Education Study 2016. Veränderungen und Zukunftsaussichten. In: Tertium Comparationis, 23 (1), 62–92. ISSN: 0947-9732; 1434-1697.
  • Hahn-Laudenberg, K. (2019). Bedeutung länder- und gruppenspezifischer Unterschiede in der Wahrnehmung des offenen Unterrichtsklimas. Ergebnisse der International Civic and Citizenship Education Study (ICCS 2016). In K. Pohl & M. Lotz (Hrsg.), Gesellschaft im Wandel. Neue Aufgaben für die politische Bildung und ihre Didaktik!? (S. 169-177). Schwalbach: Wochenschau. ISBN: 978-3-7344-0827-4.
  • Ziemes, J.; Hahn-Laudenberg, K. & Abs, H. J. (2019). From Connectedness and Learning to European and National Identity. Results from Fourteen European Countries. In: Journal of Social Science Education 18/3. 5 – 28. https://doi.org/10.4119/jsse-1144 .
  • Ziemes, J. F., Hahn-Laudenberg, K. & Abs, H. J. (2020). The impact of schooling on trust in political institutions – Differences arising from students' immigration backgrounds. Learning, Culture and Social Interaction26, 100429. https://doi.org/10.1016/j.lcsi.2020.100429

 

Berichtsband 2016

​​​Der vollständige nationale Berichtsband zu ICCS 2016 ist bei Waxmann als Buch und als Download erhältlich:

Hermann Josef Abs & Katrin Hahn-Laudenberg (Hrsg.) (2017). Das politische Mindset von 14-Jährigen. Ergebnisse der International Civic and Citizenship Education Study 2016. 368 Seiten, Münster (Waxmann).

ISBN 978-3-8309-3737-1

URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-154780

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