Ist das Verstehen von Intentionen bei kommunikativen Handlungen abhängig von kultureller Sozialisation? Ein Vergleich von chinesischen und deutschen Kindern.

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Indirekte Kommunikation zu verstehen ist eine wichtige Voraussetzung in der alltäglichen Interaktion mit anderen Menschen, denn meist werden Absichten und Intentionen nicht explizit kommuniziert. Eher ist es dem Beobachter überlassen, diese aus Handlungen oder Äußerungen abzuleiten. Wenn zum Beispiel ein Kind seine Mutter fragt, ob es ein paar Kekse haben könnte und die Mutter sagt: „Es gibt bald Abendessen“, verstehen wir, dass die Mutter mit dieser Äußerung in diesem speziellen Kontext sagen möchte, dass das Kind keine Kekse bekommen soll.

Frühere Studien haben kulturelle Unterschiede in Bezug auf Kontextsensitivität sowie Kommunikationsverständnis festgestellt. Um zu testen, ob kommunikative Intentionen leichter von Kindern in individualistischen oder kollektivistischen Kulturen erschlossen werden, wurde in diesem Forschungsprojekt das Paradigma von Schulze, Grassmann & Tomasello (2013) angepasst und mit 4- und 6-jährigen Kindern in zwei kulturellen Gruppen (deutsche und chinesische Kinder) durchgeführt. Zudem wurde die Kontextsensitivität mithilfe einer angepassten Version der Ebbinghaus-Illusion gemessen und deren Einfluss auf das Kommunikationsverstehen untersucht.

Wie erwartet fanden wir kulturelle Unterschiede hinsichtlich der Kontextsensitivität, d.h., die chinesischen Kinder ließen sich vom Illusionskontext mehr beeinflussen als deutsche Kindern, außerdem waren 6-jährige Kinder kontextsensibler als 4-Jährige. In der Kommunikationsaufgabe schnitten in beiden Kulturen die 6-Jährigen besser ab als die 4-Jährigen, und die Kinder verstanden direkte Kommunikation besser als indirekte Kommunikation. Darüber hinaus beeinflusste die Kontextsensitivität das Verständnis indirekten Kommunikation. Diese Ergebnisse zeigen, dass es besonders wichtig ist, den Kontext zu berücksichtigen, wenn wir mit indirekter Kommunikation konfrontiert sind.

Zudem wurden bei den deutschsprachigen Kindern auch Daten zum sozio-ökonomischen Hintergrund sowie zum sozio-kognitiven Engagement der Familie erhoben und mit den Kommunikationsverstehens-Kompetenzen korreliert. Der sozio-ökonomische Hintergrund wurde dabei durch den Bildungsgrad der Eltern und deren Einkommen abgebildet, das sozio-kognitive Engagement wurde mittels eines Fragebogens zu Aktivitäten, die die Eltern gemeinsam mit dem Kind durchführen (z.B. Vorlesen, Puzzeln, Brettspiele spielen etc.) erhoben. Beim sozio-kognitiven Engagement wurde zudem berücksichtigt, wie viele Personen im Haushalt leben, da Haushalte mit mehr Personen möglichweise auch mehr Gelegenheiten für Interaktionen bieten.

Das sozio-kognitive Engagement sagte die Kommunikationsfähigkeiten der Kinder voraus, während der Bildungshintergrund und das Einkommen der Eltern dies nicht taten. Dies unterstreicht die These, dass Kommunikation eine hochgradig sozial-kognitive Aufgabe ist, die Kinder umso besser erfüllen, je häufiger sie sich an sozio-kognitiven Interaktionen beteiligen.

 

Zugehörige Publikationen:

Schulze, C., Buttelmann, D., Zhu, L., & Saalbach, H. (2022). Context-sensitivity influences German and Chinese preschoolers’ comprehension of indirect communication. Journal of Cross-Cultural Psychology, 53(10), 1257–1276. https://doi.org/10.1177/00220221221104952

Schulze, C., & Saalbach, H. (2022). Socio-cognitive engagement (but not socioeconomic status) predicts preschool children’s language and pragmatic abilities. Journal of Child Language, 49(4), 839–849. https://doi.org/10.1017/S0305000921000295

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