Im Projekt BilMath führen wir die bisherige Forschung zu Sprachwechselkosten im bilingualen Fachunterricht (siehe Projekt BiLearn ) fort und fokussieren stärker auf kompetenzorientierte Fragestellungen sowie auf individuelle Einflussfaktoren bei Schüler:innen, die bilinguale Lernangebote wahrnehmen.

Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

(Laufzeit: 01.03.2023 – 28.02.2026)

Projektbeschreibung

Bilingualer Unterricht, in dem ein Unterrichtsfach, wie Geographie, Geschichte oder Mathematik, in einer Sprache unterrichtet wird, die nicht der Mehrheitssprache entspricht (Swain & Lapkin, 2005),  ist seit Jahren auf dem Vormarsch und mittlerweile großflächig in weiten Teilen der europäischen Schulsysteme verankert (Pérez-Cañado, 2012). Dennoch besteht ein gravierender Rückstand in der empirischen Fundierung dieser Unterrichtsgestaltung (Goris et al., 2019). Insbesondere mögliche Herausforderungen oder Risiken finden nahezu keinerlei Beachtung im öffentlichen Diskurs, obwohl immer mehr Ergebnisse nahelegen, dass die versprochene zeitgleiche Förderung von Sprach- und Fachkompetenzen durch bilingualen Unterricht (Dalton-Puffer, 2008) keinesfalls bei allen Schüler:innen gelingt. Mehr und mehr Studien zeigen auf, dass gerade die Fachkompetenzen in Fächern, die in dieser Form des „content-and-language-integrated-learning“ (CLIL) unterrichtet werden, schlechter ausfallen als bei Schüler:innen aus monolingualen Instruktionsmodellen (Lo & Lo, 2014) oder aber mehr Zeit nötig ist, um die gleichen Fachkompetenzen zu vermitteln (Piesche et al., 2016).

Eine mögliche Erklärung für diesen Rückgang in de Fachkomeptenz bei bilingualem Lernen besteht in sogenannten „Sprachwechselkosten“ („language-switching-costs“). Diese treten auf, wenn das Lernen in der einen Sprache, der Abruf oder die Anwendung des Gelernten aber in einer anderen Sprache erfolgt (Grabner et al., 2012; Hahn et al., 2019; Saalbach et al., 2013).

Dieser Effekt ist in Fächern mit sprachabhängig repräsentierten Informationen wie Geschichte oder auch Ethik leicht nachzuvollziehen (Marian & Fausey, 2006). Sprachwechselkosten in Fächern, in denen Informationen weniger sprachabhängig repräsentiert werden, wie etwa Mathematik, könnten dagegen recht gering ausfallen. Diese Fächer könnten sich damit besser für bilingualen Unterricht eignen.

Doch auch im Gebiet der Mathematik konnte gezeigt werden, dass Wissen sprachabhängig repräsentiert ist (Gordon, 2004; Van Rinsveld et al., 2015). Entsprechende Studien wurden jedoch bisher zumeist in Laborstudien mit artifiziellem oder unterkomplexen Material untersucht, das nicht zwangsläufig ein repräsentatives Abbild schulischen Mathematikunterrichts sein muss. Zudem waren die Studienteilnehmenden zumeist bilinguale Studierende, was abermals keinesfalls repräsentativ für die Lernenden in bilingualen Schulprogrammen ist.

Darüber hinaus bestehen zahlreiche Desiderate in der Untersuchung von Sprachwechselkosten im Allgemeinen und  in Mathematik im Speziellen. Es liegen beispielweise kaum Ergebnisse zu individuell moderierenden Einflussfaktoren vor. Auch die kognitiven Prozesse, die Sprachwechselkosten zu Grunde liegen, sind nach wie vor nicht abschließend geklärt und auch die zeitliche Persistenz der Sprachwechselkosten und somit ihr möglicher Einfluss auf den weiteren Lernprozess wurde bisher nicht untersucht.

Folglich wollen wir uns im Projekt BilMath folgenden Fragen widmen, um ein generell besseres Bild über Sprachwechselkosten im bilingualen Mathematikunterricht zu gewinnen und mit diesen Erkenntnissen bereits bestehende Programme bilingualen Mathematikunterrichts ggf. zu optimieren:

  1. Treten Sprachwechselkosten auf, wenn das gelernte Material nicht nur Faktenwissen, sondern auch komplexere Wissensarten wie prozedurales oder konzeptionelles Wissen erfordert bzw. Transfer nötig macht?
  2. Sind Sprachwechselkosten zeitlich überdauernd und inwieweit beeinflussen sie weitere Lernprozesse, die auf dem mit Sprachwechsel erworbenen Wissen aufbauen müssen?
  3. Was sind individuelle Einflussfaktoren, die einige Schüler:innen ggf. resistenter oder vulnerabler gegenüber Sprachwechselkosten machen?
  4. Welche kognitiven Prozesse liegen den Sprachwechselkosten zu Grunde?

Relevante Publikationen

  • Grabner, R. H., Saalbach, H., & Eckstein, D. (2012). Language-Switching Costs in Bilingual Mathematics Learning. Mind, Brain, and Education, 6(3), 147–155. https://doi.org/10.1111/j.1751-228X.2012.01150.x
  • Hahn, C. G. K., Saalbach, H., & Grabner, R. H. (2019). Language-dependent knowledge acquisition: investigating bilingual arithmetic learning. Bilingualism, 22(1), 47–57. https://doi.org/10.1017/S1366728917000530.
  • Saalbach, H., Eckstein, D., Andri, N., Hobi, R., & Grabner, R. H. (2013). When language of instruction and language of application differ: Cognitive costs of bilingual mathematics learning. Learning and Instruction, 26, 36-44. https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2013.01.002
  • Volmer, E., Grabner, R. H., & Saalbach, H. (2018). Sprachwechselkosten beim zweisprachigen Mathematiklernen: Transfereffekte und individuelle Unterschiede. Zeitschrift Fur Erziehungswissenschaft, 21(1), 71–96. https://doi.org/10.1007/s11618-017-0795-6
  • Wußing, M., Grabner, R. H., Sommer, H., & Saalbach, H. (2023) Language-switching and retrieval-based learning: an unfavorable combination. Frontiers in Psychology14, 1198117.

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